Ein Funken Hoffnung für die Anerkennung des Völkermords 1914/15 in der Türkei

Sabri Atman sprach in seiner Rede über die historischen Aspekte des Seyfo (Völkermord) und dessen Hintergründe. Untermalt wurden seine Schilderungen durch Bilder von verschiedenen globalen Veranstaltungen hinsichtlich des Völkermordes von 1915. Er hob hervor, dass die Türkei weltweit über 300 Mio. Dollar ausgibt, um das Thema Genozid im Keim zu ersticken und dadurch Diskussionen darüber in jeder Form zu eliminieren. Wie groß aber die Verantwortung der assyrischen Organisationen ist, dass diese Thematik nicht totgeschwiegen wird, verdeutlichte Sabri Atman nicht nur mit Worten, sondern auch die Bilder im Hintergrund sprachen Bände. "Unsere assyrischen Organisationen müssen sich das Thema zu einer der wichtigsten Aufgaben machen, wir tragen eine Verantwortung." sagte er. Sabri Atman erwähnte, dass sich viele mitschuldig gemacht haben an diesem völkerrechtlichen Verbrechen, so auch das Deutsch Reich, das Land, das nur zugesehen und diese Massenvernichtung nicht verhindert hat. Das Deutsche Parlament hat sich dieses Themas angenommen und debattiert, dieses schreckliche Ereignis eines Genozids aber begriffsmäßig "verharmlost" und als "Massaker" dargestellt.
Positiv ist jedoch, dass einige Abgeordnete das Verbrechen beim Namen nannten und von einem Völkermord sprachen.
Zumindest aber hat der Bundestag diese Tat verurteilt und sich für die Haltung des Deutschen Reiches entschuldigt, nichts gegen diese grausamen Massenmorde unternommen zu haben.
 
Dass es aber trotzdem Menschen in der Türkei gibt, die nicht mit dieser Schuld leben möchten, zeigt das Beispiel von Berzan Boti, der sich dazu entschlossen hat, allen Widerständen und Drohungen zum Trotz seinen ererbten Grundbesitz an das Seyfo-Center zu übergeben. Für ihn war es eine Entscheidung, zumindest auf diese Weise zu einer Wiedergutmachung der Verbrechen seiner Vorfahren an unschuldigen Völkern beizutragen. "Die Frage ob ein Völkermord stattgefunden hat oder nicht ist eine Beleidigung. Es hat definitiv ein Völkermord stattgefunden!" sagte er. Es gibt für ihn keinen Zweifel, dass er sich nicht mit seinen Landsleuten identifizieren kann. "Nur eine Person, die auch eine Kreuzigung nicht abschreckt, ist in der Lage sich diesem Thema zu widmen und stark zu engagieren." so Boti. "Wenn wir nicht den gleichen Mut und Engagement aufbringen wie die Personen, die den Völkermord durchgeführt haben, werden wir auch weitere Völkermorde nicht aufhalten können." Mit diesen Sätzen hat er gezeigt, dass er zu denjenigen gehört, die Gerechtigkeit und Frieden als oberstes Gebot sehen und findet mittlerweile immer mehr Anhänger. So z.B. den ehemaligen Siirter Bürgermeisters und jetzigen Vorsitzenden der Ärztekammer der Stadt, Dr. Ekrem Bilek.
Die Haltung Botis, sich bei den Assyrern öffentlich, insbesondere im schwedischen Parlament, zu entschuldigen, hatte ihn positiv beeinflusst. Um auch selbst seinen Beitrag dazu zu leisten beabsichtigt er, für eine assyrische Rückkehrerfamilie ein Haus zu bauen. Dadurch möchte auch er seine Entschuldigung und die Verurteilung der Gräueltaten im Völkermord von 1915 in der Türkei zum Ausdruck bringen. Doch nicht alle können ihren guten Willen zeigen, weil sie bedroht und gefoltert werden, wie dies einem 19-Jährigen widerfahren ist, der daraufhin sein Vorhaben zurücknahm.
In Kürze wird darüber ein gesonderter Bericht des Seyfo-Center erscheinen, in dem die Drohungen gegenüber Berzan Boti, des 19-jährigen und die Foltern thematisiert werden.
„Wahrscheinlich ist Berzan Boti zu sehr in der Öffentlichkeit, so dass der türkische Staat befürchten muss, dass es zu viel Aufsehen in Europa bewirken würde, wenn ihm etwas zustoßen würde. Umso mehr versucht man solche Vorhaben noch vor Bekanntmachung im Keim ersticken zu lassen.“
Als letzte Sprecherin dieser Veranstaltung begab sich Ingrid Seigis von CSI Deutschland zum Rednerpult. Sie griff das Thema Versöhnung und Schuld im Sinne von Gott auf, was sie durch mehrere Zitate aus der Bibel unterstrich. Gerade im Hinblick auf die Mitschuld des Deutschen Reichs am Genozid von 1915 sah sie die Notwendigkeit, sich für diese Verbrechen an den Assyrern, Armeniern und Griechen für ihr eigenes Volk offiziell zu entschuldigen, um eine Versöhnung herbeizuführen. Sie wurde darin nicht zuletzt durch die bereits vor zehn Jahren erfolgte Entschuldigung des Ururenkels des Deutschen Kaisers Wilhelm II., Philip Prinz v. Preußen bestärkt. In einem Brief an die Armenische Botschaft hatte dieser offiziell um Vergebung für die Taten seiner Vorfahren gebeten, aber nie eine Antwort darauf erhalten.
 
Zum Zeichen der Versöhnung überreichte Frau Seigis zum Schluss noch symbolisch von Christen aus dem Sudan handgefertigte Holzkreuze an Sabri Atman sowie einem Vertreter der syrisch-orthodoxen Gemeinde St. Maria, was mit großem Beifall quittiert wurde.
 
Es bleibt zu hoffen, dass diese Gesten der Entschuldigung und Wiedergutmachung an den betroffenen Völkern sich zu einer Lawine entwickeln, die nicht mehr aufzuhalten sein wird.   
 
 
 
Nuri Ayaz
Freier Journalist

Site Footer